NEWSLETTER September 2007

"Wenn es Krieg gibt gehen wir in die Wüste"
Auf den Spuren der beiden deutschen Geologen">

NEWSLETTER September 2007

"Wenn es Krieg gibt gehen wir in die Wüste"
Auf den Spuren der beiden deutschen Geologen, Henno Martin und Hermann Korn, 1940-1942

Die Namibia Wissenschaftliche Gesellschaft in Windhoek bot ihren Mitgliedern einen Ausflug in die Namib Wüste an. Auf den Spuren der beiden deutschen Geologen, Henno Martin und Hermann Korn, sollten wir erleben wie die Beiden im Zweiten Weltkrieg in der Namib überlebt haben. 

Kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges beschließen zwei deutsche Geologen in die Namib zu fliehen. Sie hoffen, der Internierung deutschstämmiger Südwester (Namibier) in südafrikanischen Lagern zu entfliehen. Zweieinhalb Jahre lang gelingt es den Beiden, zusammen mit ihrem treuen Hund Otto, in einer harten und gnadenlosen Umgebung unter primitivsten Umständen zu überleben. Ungewollte Faktoren zwingen sie schließlich in die Zivilisation zurückzukehren.

Einige Jahrzehnte später schrieb Henno Martin die Abenteuer, die er mit seinem Freund Hermann Korn erlebt hat, in dem Buch "Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“, nieder.  Welcher Namibia Liebhaber hat nicht die Geschichte mit Spannung und Begeisterung gelesen und auch einmal die behelfsmäßige erste Wohnstätte am Rande des Kuisebflusses im Namib Naukluft Park, während einer Namibiareise, besucht.
Es gibt jedoch zwei weitere Wohnstätten die Henno Martin und Hermann Korn während ihrer Robinsonade in der Namib als zeitweise Schlupfwinkel dienten, diese liegen allerdings heute auf dem Grund von Privatfarmen und sie sind deshalb nicht öffentlich zugänglich. Über unseren Besuch bei der zweiten und dritten Wohnstätte möchten wir berichten.

Wir fahren morgens von Windhoek aus in Südwestlicher Richtung. Eine schmale Schotterstrasse führt uns durch einsame Berglandschaft. Die Sonne steht in unserem Rücken und sanftes Licht taucht die Berge und Hügel in warme Winterfarbtöne. Wir lassen uns Zeit und genießen die ständig wechselnden Aussichten. Auf der steinigen, schmalen und äußerst kurvenreichen Piste kann man ohnehin nur langsam fahren. Gegen Mittag erreichen wir die Gästefarm, die auf einer Erhöhung am Rande der Namib gelegen ist. Wir werden herzlich empfangen und treffen die anderen Teilnehmer. Auf der luftigen Terrasse beim alten Farmhaus gibt es zum Mittagessen, nach gut deutscher Art, Wienerwürstchen, kalten Wildbraten mit Kartoffel- und Kohlsalat. Dann ist bis 15.00 Uhr Mittagsruhe, wie es auf jeder Farm in Namibia üblich ist.

Die zweite Wohnstätte in der Namib

Am Nachmittag, nach dem Verzehr von leckerem Kuchen und einer aromatischen Tasse Kaffee, brechen wir mit dem Farmfahrzeug zu einer Rundfahrt auf. Auf holperigen Pisten werden wir kräftig durchgeschüttelt. Die Luft ist trocken und heiß brennt die Sonne auf den karg bewachsenen Wüstenboden. Schon der Gedanke daran, hier, ohne die Annehmlichkeiten der Zivilisation, länger als ein bis zwei Tage überleben zu müssen, lässt uns schaudern und die Achtung vor den Leistungen der beiden Abenteurer steigert sich in offene Bewunderung. Nach einigen interessanten Stopps erreichen wir die recht gut erhaltene, aus Natursteinen aufgeschichtete Ruine der zweiten Wohnstätte von Henno Martin und Hermann Korn. An einen Hügel gelehnt, verschmelzen die derben Mauern mit dem natürlichen Hintergrund. Abgeteilte Räume und Unterstände für die Fahrzeuge sind noch gut erkennbar. Grobe steinerne Bänke und eine Tischplatte sowie ein aus flachen Steinplatten gebautes Reservoir für Wasservorräte lassen sich unschwer erkennen.

 
Fotos: Mauerreste der zweiten Wohnstätte und Blick in die Schlucht des Nausgomab Trockenflusses

Ein paar hundert Meter weiter blickt man einen senkrechten Abgrund hinab. Tief unten schlängelt sich das Flussbett des Nausgomab durch tiefe Schluchten. Im Schatten der gewaltigen Überhänge halten sich noch eine zeitlang einzelne Wassertümpel, nachdem der Fluss schon lange abgelaufen und ausgetrocknet ist. Diese Wasserreserven halfen den Geologen, hier, mitten in der niederschlagsfreien Wüste, zu überleben aber sie mussten das Wasser in Behältern über steile Felswände nach oben zu ihrer Behausung schleppen. Sie führten ein hartes, erbarmungsloses Einsiedlerleben inmitten grandioser Naturlandschaft!

Wir haben es leicht, ein Griff in die Kühlbox beschert uns eiskalte Getränke und wohl versorgt sitzen wir auf den vor langer Zeit hierher geschleppten Steinblöcken und sinnen über die Überlebensstrategien der beiden Wüstenbewohner nach.

Dritte Wohnstätte und "das Affenloch“

Am folgenden Tag besuchen wir auf einer benachbarten Farm den dritten Aufenthaltsort von Henno Martin und Hermann Korn. Wiederum brennt die Sonne heiß auf uns nieder während wir zu Fuß durch raues Gelände wandern. Es erwarten uns an eine Felswand angebaute Mauerreste aus aufeinander geschichteten Steinplatten, die ehemals als Unterstand für das Fahrzeug dienten. Unweit davon entfernt ragen zwei freistehende Mauern empor. Dies war das bescheidene Wohnhaus, bevor eine überraschende Sturzflut einen Teil der Behausung wegspülte. Die Geologen konnten in letzter Minute in einer dramatischen Aktion all ihre Habseligkeiten vor den plötzlich heranrauschenden Wassermassen retten. Weiter oben, in einer schattigen Felsnische, die mit aufeinander geschichteten Steinen eingesäumt wurde, haben die Abenteurer während der heißesten Stunden des Tages gehockt und Schutz vor der sengenden Sonne gefunden. Woher haben die ihr Wasser bekommen, möchten wir wissen. Zehn Minuten Fußmarsch entfernt befand sich damals eine periodische Wasserstelle, die Henno Martin und Hermann Korn "das Affenloch“ nannten. Wir besichtigen die Stelle und können uns gut vorstellen, dass die tiefe Mulde im Schatten der Felsen lange Wasser gehalten haben muss. Verborgen unter den tiefen, schattigen Felsüberhängen haben die Geologen gelegentlich auf Beutetiere gelauert. Wenn sie Jagdglück hatten war die Freude überwältigend, doch allzu oft zogen sie erfolglos und entmutigt mit knurrenden Mägen heimwärts.

 
Fotos: Mauerreste der dritten Wohnstätte und die ehemals periodische Wasserstelle "das Affenloch".

Hier verlassen Joe und ich die Gruppe, die mit den Fahrzeugen zur Besichtigung der ersten Wohnstätte von Martin und Korn, in den Namib Naukluft Park, weiterfahren. Wir haben diese Behausung schon häufig mit Freunden und Feriengästen besucht.

Otjimbingwe, die einstige Hauptstadt Namibias und ihre Historischen Denkmäler

Stattdessen genießen wir ganz einfach den Tag indem wir gemütlich auf einsamen Pisten in nordöstlicher Richtung, ohne ein bestimmtes Ziel, dahinfahren. Wir erfreuen uns an den Ausblicken und dem wechselnden Panorama. Spontan schlägt Joe vor, durch das Tal am Swakop Trockenfluss entlang zu fahren. Er möchte mir Otjimbingwe zeigen, welches heute weitab der bekannten Touristenpfade liegt. „Gut, fahren wir nach Otjimbingwe“ stimme ich sogleich zu. Joe erklärt mir, dass Otjimbingwe vor gut hundertfünfzig Jahren die Hauptstadt von Namibia war. Der Ort lag strategisch günstig für Reisende und es gab dort eine gute, kräftig fließende Quelle. In der Hererosprache bedeutet Otjimbingwe: „Wasser, welches den Betrachter erquickt“.
Wir finden die vielfach verzweigten Pfade des Ortes menschenleer. Wirbelwinde treiben Staubfahnen über die Plätze. Dornbüsche bilden die einzige Vegetation. Wären im Staub nicht die frischen Abdrücke von Ziegen und Eseln sichtbar, könnte man glauben in einer Geisterstadt zu weilen. Im 19. Jahrhundert erlebte Otjimbingwe turbulente Zeiten, die von Hereros, bekannten Namaführern, von Missionaren, Händlern und Farmern geprägt waren. Zeugnisse dieser Epoche sind die Missionskirche aus dem Jahr 1865, die alte Hälbich Werkstätte mit einem alten Windrad im Innenhof. Sehenswert sind auch der im Jahr 1872 erbaute Pulverturm sowie der einstige Handelsposten von Anderson und andere dem Verfall geweihte historische Gebäude.


Fotos: der Pulverturm, Innenhof der Hälbich Werkstatt, die Missionskirche und ein neuzeitliches Wohngebäude

Über Grossbarmen fahren wir zurück nach Windhoek.

Inzwischen ist es hier bei uns auf der südlichen Erdhalbkugel Frühling geworden und Anfang Oktober haben uns die unheiligen Eisheiligen noch mal so richtig mit Nachtfrost und mit stürmischen Winden geplagt. Jedoch nun ist es wieder warm und wir sehen mit großen Hoffnungen der kleinen Regenzeit entgegen.

Viel Spaß beim Lesen und herzliche Grüsse

von Uschi und Joe

Uschi Kirchner Walter & Joe Walter