ZUM ERSTEN MAL IN NAMIBIA
EINE WINTERREISE IN DIE NAMIB
AUGUST 2008 NEWSLETTER

 Ende Juli fragt meine Jugendfreundin aus Deutschland an">

ZUM ERSTEN MAL IN NAMIBIA
EINE WINTERREISE IN DIE NAMIB
AUGUST 2008 NEWSLETTER

 Ende Juli fragt meine Jugendfreundin aus Deutschland an, ob sie kurzfristig mit ihrem Sohn für zwei WochPacken für die Touren nach Namibia kommen kann. Und natürlich wollen die Beiden etwas vom Land sehen. Der Termin passt gerade zwischen zwei Touren und rasch stellen wir eine abenteuerliche Campingtour zusammen. Bis wir uns versehen landen die Beiden am Windhoeker Flughafen. Von 30° C Hitze in Deutschland in den frischen afrikanischen Winter. Frieren in Afrika - eine unerwartete Erfahrung.

 Zuerst werden die Überraschungen ausgepackt. Eine davon sind Schokoküsse aus Deutschland, eine lange entbehrte Köstlichkeit und Erinnerung and die Jugend, die trotz dem neuen fremden Namen vorzüglich schmeckt. Neuigkeiten werden ausgetauscht und Fotos von alten Bekannten betrachtet. Die beiden Männer begeben sich in die Garage und bauen die funkelnagelneu gespritzte Stossstange am Land Rover an. Die restlichen Kisten und Taschen werden verstaut und verschnürt und am nächsten Morgen in aller Frühe beginnt das Abenteuer. Die Beiden sind Wildnisnovizen und gespannt was auf sie zukommt. Mutter und Sohns Devise ist: "Wir machen alles mit, ihr müsst uns bloß sagen was von uns erwartet wird“.

Wie stellt man sich Afrika vor?

Erstes Erstaunen verursacht, dass Windhoek eine moderne, saubere Stadt mit gepflegten Gärten ist, dass sich die Menschen modern kleiden und, dass hier im Stadtverkehr, genau wie in Europa, einige der exklusivsten Automodelle rumkutschieren. Und, dass diese Nobelkarossen vorwiegend Schwarzen gehören. So stellt man sich Afrika in Europa im allgemeinen nicht vor! Auch, dass es im Supermarkt nahezu alles in großer Auswahl zu kaufen gibt verblüfft unsere Gäste. Leider sind manche Waren nahezu so teuer wie in Europa.

Die nächste Überraschung ist die Weitläufigkeit unseres Landes. Kilometerweit ist kein Dorf, kein Haus oder Gehöft zu erblicken. Trotz Trockenheit wirkt die Landschaft lieblich. Der Blick gleitet über elegant geschwungene Bergketten, auf Inselberge und mit dichter Vegetation gesäumte Reviere (Trockenflussläufe) die überall das Land durchkreuzen.

Ein "Bett" zwischen Granithügeln

Wir fahren Richtung Norden. Gegen Abend wählen wir einen Platz zwischen Granitkuppen für unser Camp. Joe rollt seine Bettrolle aus. Er schläft, wie so oft im Freien. Spontan werden wir mit Fragen über Skorpione, Schlangen und andere potentiell gefährliche Kriech- und Krabbeltiere überschüttet. Dass Joe seit vielen Jahrzehnten im Freien übernachtet löscht nicht alle Zweifel aus und gerne wird das beschützende Zelt aufgestellt. Nachdem etwas Feuerholz für die Kochstelle zusammengetragen wurde, kündigen wir „Sundowner Zeit“ an. Jeder mit einem kühlen Bier in der Hand erklimmen wir einen nahen Granithügel. Wir setzen uns auf die noch warmen Felsen und betrachten die weite Landschaft im Schein der untergehenden Sonne. Unzählige kleine Fliegen umschwirren und piesacken uns aber die verschwinden glücklicherweise gleich nach Sonnenuntergang. Der unverkennbare keckernde Ruf von Nachtgeckos durchdringt die abendliche Stille. Keiner kann sich dem Zauber afrikanischer Nächte entziehen, der die Besucher umhüllt und eine ehrfürchtige Ruhe ausstrahlt die Jeden unwillkürlich ergreift und in ihren Bann zieht.

 

Die ersten Wüstenelefanten

Die erste Zeltnacht ist heil überstanden und nach dem Frühstück unternehmen wir zu Fuß eine informative Exkursion durch die Hügel. Pflanzen und Gesteine werden erklärt und einige alte Felszeichnungen betrachtet, die beweisen, dass die Gegend seit Urzeiten von Menschen bewohnt wurde. Auf unserer anschließenden Fahrt am Aba Huab entlang entdecken wir zwischen den stattlichen Anabäumen (Faidherbia albida) einige Wüstenelefantenbullen.

Die Dickhäuter wandern zügig Flussaufwärts. Wir fahren einige Kilometer voraus und erklettern einen Hügel am Ufer des Aba Huab. Von einem großen Felsbrocken aus haben wir einen guten Überblick. Die Elefanten ziehen unten im Flussbett entlang und wir können sie hervorragend und lange vor einer landschaftlich herrlichen Kulisse beobachten.


Fotos: Beobachtung von Wüstenelefanten im Trockenfluss

Auch später haben wir Glück. Am Huab Trockenfluss entdecken wir weitere Elefanten die unter schattigen Bäumen rasten. In Familiengruppen stehen sie zusammen, fächeln sich mit den gewaltigen Ohren kühlende Luft zu und werfen mit den Rüsseln beiläufig Staub über ihre Körper.

Sind wir schon buschtauglich?

Wir stoppen bei einer Kommune am Huab Ufer und füllen am Bohrloch unsere Wasserkanister auf bevor wir in die Mikberge weiterfahren. Die offizielle Piste haben wir längst verlassen und fahren in einem namenlosen sandigen Flusslauf bergan. Unterwegs erfahren unsere Gäste welches Holz für das Kochen auf dem Campfeuer geeignet ist und gute Hitze spendet und welches man besser gar nicht einsammelt, weil’s für die Küche nicht taugt. Wie entfacht man schnell und einfach ein Campfeuer? Wie, wann und wo müssen die Sonnenkollektoren aufgestellt und ausgerichtet werden, damit der Autokühlschrank immer zuverlässig funktioniert? Die Landkarten werden studiert und Orientierung im Gelände geübt. Auch über den Umgang mit einem GPS gibt’s eine Lektion.


Fotos: GPS Position u. Karte studieren und Besichtigung von Felsmalereien in einer Höhle

4 x 4 Fahrstunden

 Für Constantin beginnt nun der aufregendste Teil der Reise. Er darf zum ersten Mal ein Allradfahrzeug selber steuern. Gelassen nimmt Joe den knapp 16-jährigen unter seine Fittiche und weiht ihn täglich für ein paar Stunden in die Tricks und Kniffe des Fahrens in unwegsamen Gelände ein. Die Mutter hält zuweilen den Atem an und vergisst schon mal einen Satz zu beenden wenn das Fahrzeug im steilen Gelände kräftig schaukelt. Ich versuche sie zu beschwichtigen: "Keine Panik - ist alles im Grünen Bereich“. "Du hast gut Reden, ich sitze ja auf der Seite mit dem Abgrund“ kommt die Antwort, gefolgt von belustigtem Grinsen auf den vorderen Sitzen. Zur Auflockerung besteigen wir einen Berg von wo wir die weite Aussicht genießen können. Zu Fuß unternehmen wir diverse Exkursionen im Gelände. Wir besuchen einsame Höhlen deren Wände mit kunstvollen Felszeichnungen verziert sind sowie Stätten mit gravierten Felsplatten. Gelegentlich kreuzen Oryxantilopen, Strauße und Springböcke unseren Weg.

Die Nachttemperaturen sind empfindlich kühl. Die Tage dagegen sonnig und angenehm warm. Unsere Gäste stellen erstaunt fest, dass man hier tagelang keiner Menschenseele begegnet und, dass sich hinter jedem Höhenzug immer noch mehr weitgehend unberührte Landstriche vor uns ausbreiten.

Skulpturen in Stein

Am Abend stellen wir unsere Zelte in einer kleinen Rinne mit weichem Sand auf. Über uns thronen gewaltige Sandsteinformationen, die wir am folgenden Morgen zu Fuß erkunden. Wie kolossale Wellen oder gigantische Pilze türmen sich die Felswände um uns herum auf. Viel zu oft drücken wir auf die Auslöser der Kameras. Das Morgenlicht bietet ideale Verhältnisse zum fotografieren. Bei einem alten Brunnen binden wir einen Eimer an ein Seil, lassen ihn in die Tiefe fallen und ziehen frisches Wasser nach oben. Wir füllen all unsere Trinkwasserbehälter auf. Bei einer Fahrt tief in die Berge finden wir ein Rinnsal, dass wie ein mini Wasserfall sanft über eine Felskante plätschert. Der natürliche Badeort lädt zur willkommenen und ausgiebigen Körperpflege ein. Weiter unterhalb rieselt das Bächlein in eine tiefe, sehr eindrucksvolle Schlucht.

 
Fotos: Extravagante Sandsteinformationen und ein Rinnsal in den Bergen

Wieder im Huab entdecken wir Kudus und als Krönung präsentiert sich ein ausgewachsener Kudubulle mit prächtigem Gehörn in tadelloser Fotopose. Weiter führt unsere Fahrt durch eine Schlucht mit beeindruckenden Basaltwänden und anschließend zu einer Stelle mit stattlichen versteinerten Baumriesen.

Break-down in der Wildnis

In der Nähe vom Doroskrater betrachten wir von Wildtieren gescharrte Wasserlöcher in einem sandigen Revierbett. Zurück beim Land Rover vernehmen wir deutlich beunruhigende Geräusche aus dem Motorraum, die auch vorher schon mal schwach hörbar waren. Bei offener Motorhaube lauschen wir und rätseln was wohl verkehrt sein könnte. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Wir müssen eine Entscheidung treffen. Entweder fahren wir weiter in einsame Gebiete und riskieren einen ernstlichen Schaden oder wir fahren vorsichtig, solange das Auto noch läuft in Richtig Zivilisation. Wir entscheiden uns für Letzteres. Die nächste Autowerkstatt befindet sich in Swakopmund, von unserer jetzigen Position etwa zwei Tagesreisen entfernt. So schonend wie es das holprige Gelände erlaubt fahren wir weiter. Wir durchqueren den Ugab Trockenfluss und in der Abenddämmerung stellen wir unser Camp irgendwo am Rande der zerrissenen Berge auf.

Auf dem Weg zur Küste unternehmen wir noch einige Streifzüge ins Gelände um seltene Pflanzen und interessante Gesteine anzusehen. Wir stoppen ebenso bei den weltbekannten Flechtenfeldern.

Rasantes Dünenrutschen

Wir erreichen Swakopmund. In einer Werkstatt wird der Land Rover überprüft und ein Lager ausgetauscht, jedoch das Geräusch bleibt. Ein weiteres Ersatzteil muss besorgt werden und deshalb beziehen wir erstmal das Ferienhäuschen unserer Freundin aus Windhoek, die uns freundlicherweise die Schlüssel überlassen hat. Hier wollten wir am Ende der Tour ohnehin ein paar Tage verbringen. Joe fährt später zur Werkstatt zurück, während wir die Stadt besichtigen, den Woermann Turm besteigen und die weite Aussicht über den Ort, das Meer und die Umgebung bewundern. Beim Shopping erstehen wir fein gepresstes Speiseöl welches aus den Kernen der Narafrucht gepresst wird, die von den Topnar im Kuiseb gesammelt werden. Diese edle Spezialität eignet sich hervorragend als Mitbringsel für die daheim gebliebenen. Inzwischen ist Joe zurück und das Auto läuft wieder störungsfrei. Wir fahren hinaus zu den Sanddünen, die sich zwischen Swakopmund und Walvisbay ausbreiten. Der Aufstieg ist anstrengend der Ausblick jedoch lohnend. Am Fuße einer Düne entdecken wir eine gut getarnte Sandvieper (Bitis peringueyi). Als die kurze Schlange uns wahrnimmt flüchtet sie blitzschnell über den Sand und gräbt sich anschließend mit schwingenden Körperbewegungen im Sand ein. Nur noch ein kleiner Teil des Kopfes schaut hervor. Am Nachmittag besuchen wir das Aquarium, das Aufschluss über die vor der Küste und in den Gewässern des Atlantiks vorkommenden Lebewesen vermittelt.

   

Einmal fahren wir noch zu den Dünen hinaus. Auf einem Sandbrett liegend kann man herrlich vom Dünenkamm ins Tal flitzen. Eine Freizeitbeschäftigung die hier gerne von Jung und Alt ausgeübt wird. Es empfiehlt sich dabei den Mund geschlossen zu halten.

Wir suchen Schutz vor Wind, Kälte und Nebel

Wir setzten die unterbrochene Reise fort. Unterwegs stoppen wir beim Kadaver von einem an den Strand bespülten Wal. Die Größe des Meeressäugers ist eindrucksvoll. In Hentiesbay sehen wir dem wilden Spiel der Wellen zu. Am Kreuzkap statten wir der populären Pelzrobbenkolonie einen Besuch ab. Beim Picknick am Sandstrand lassen wir uns noch einmal den frischen Wind um die Nasen wehen und die eiskalten Fluten des Atlantiks umspülen unsere nackten Füße. Wir fahren Richtung Osten, weg vom Ozean und hinein in die Wüste. An den steilen Uferwänden eines Trockenflusses fotografieren wir Kalkretegebilde und eindrucksvolle Exemplare Welwitschia Pflanzen bevor wir den Messum Krater erreichen. Der Südwestwind ist uns gefolgt und bläst stark und kühl. Wenn wir’s gemütlich haben wollen, müssen wir einen windgeschützten Lagerplatz für die Nacht finden. Diesen bietet eine auf halber Höhe gelegene Felsengrotte. "Kann man da mit dem Land Rover hinauffahren“: fragen unsere Gäste ungläubig. Klar, meint Joe, legt einen kleinen Gang ein und tuckert langsam den Felshang empor. Während unsere Freunde den Atem anhalten, wendet Joe den Land Rover oben auf dem winzigen Plateau vor der Grotte damit wir leichter Ausladen können. Bald sind die Schlafstellen eingerichtet und ein Campfeuerchen entfacht. Die lodernden Flammen beleuchten die bizarren Granitgebilde und geben unserer Behausung ein gemütliches Ambiente. Bei einem Glas Rotwein lassen wir die Abendstimmung und die Weite des Kraters auf uns einwirken. Rötliche Zirruswölkchen schmücken den sich rasch verfinsternden Himmel. Die hellsten Sterne können wir bereits erkennen. Rums, kracht es neben uns in der Stille. Wir fahren zusammen. Joe purzelt samt Campingstuhl ein Stückchen den steilen Hang hinunter. Der Berghang ist wohl doch ein wenig zu abfallend zum Sitzen obwohl böse Zungen hinterher behaupten der Rotwein war Schuld!? Außer dem Spott trägt Joe einen deftigen blauen Flecken davon.

   

Buschtauglich!

Frühmorgens, als wir unser Köpfe aus den Schlafsäcken recken versperrt Nebel unsere Sicht. Joe hat schon heißen Kaffee aufgebrüht und Tee aufgegossen. Dankbar nehmen wir die heißen Getränke in Empfang. Die Nebelfetzen ziehen schnell fort. Bis die Ausrüstung verstaut ist strahlt blauer Himmel über uns. Wir fahren zum so genannten "Kratersee", eine mit Salz verkrustete Fläche mit einem voluminösen Felsblock im Zentrum. Wir suchen Kristalle, halten Ausschau nach lohnenden Fotomotiven und betrachten interessante Pflanzen und Flechten. Auf der Weiterfahrt besichtigen wir alte Steinkreise, etliche Felszeichnungen und eine verborgene Wasserstelle. Im Revier finden wir das frisch abgenagte Skelett eines Springbocks, jedoch keine eindeutigen Spuren die den Jäger verraten. Das Gelände öffnet sich allmählich und der gewaltige Brandberg erhebt sich vor uns aus der Fläche. Constantin darf noch mal bis zur Schotterstrasse den Land Rover fahren. Er hat viel von Joe gelernt und würde natürlich gerne länger bleiben um sich den letzen Schliff zur Buschtauglichkeit anzueignen. Doch die Schulpflicht in Deutschland ruft. Ein letztes Wildniscamp mit Blick auf den Brandberg beendet den Namibia Aufenthalt, der gewiss nicht der Letzte sein wird, wie uns versichert wird.


Fotomotive am "Kratersee" im Messum Krater

Im nächsten Newsletter erfahren Sie etwas über unsere Aktivitäten beim "Save the Rhino Trust“. Wir begleiteten und betreuten eine Gruppe die eine 360 Kilometer lange Wüstenwanderung zum Gedenken an Blythe Loutit unternahm. Blythe war maßgebend am Schutz der Wüstennashörner beteiligt.
 
Uschi Kirchner  & Joe Walter
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